Der Drang des Mannes zum Werken

 

Der Drang des Mannes zum Werken

Als "analoge" Autos durch den Normalbürger noch reparierbar waren, schnappte sich der Familienvater sonntags seinen Werkzeugkoffer und verschwand unten in der Garage oder auf dem Parkplatz. Dort lag er dann stundenlang unter seinem Auto, manchmal klapperte oder klopfte er da unten an etwas herum, manchmal schrie er auch laut bestimmte böse Worte, die wir hier nicht zu schreiben wagen. Die Ehefrauen und Mütter hatten sich meistens in diese Art Sonntagsvergnügen gefügt und gingen irgendwie beschwippst ihr "own business" nach.

Mit der digitalen Revolution der Autos hat sich diese Situation endlich geändert, was hat sich aber am Verhalten der Männer geändert? Eigentlich ja nichts, da die Digitalisierung der Welt bislang noch keinen Einfluss auf den genetischen Code der Männer nimmt, oder?

In der Tat läuft im normalen Mann ein Programm ab. Nein, es sind sogar mehrere Programme, aber wir richten hier und heute den Fokus auf den ewigen Heimwerker. Von diesem "Virus" ist immerhin die gute Hälfte aller Männer befallen, daher lohnt sich die nähere Betrachtung, die uns zunächst ziemlich weit in die Vergangenheit zurückführt.

 

Ur- und Frühgeschichte

Eine prägende Besonderheit des Homo sapiens ist die Entwicklung, die Verwendung und der Eigenbau recht komplexer Werkzeuge abgesehen vom mehr oder weniger glücklichen Umgang mit dem Feuer. Gut, es gab auch hin und wieder sehr spezielle Momente, da haben wir auch mal kurzfristig ein gewisses Interesse für so ein Neandertalermädchen verspürt. Aber auch die waren sehr lieb und haben unsere Genetik durchaus sehr bereichert. Wie auch immer, wir Männer waren aufgrund unserer Körperkraft dazu verdammt, unsere Frauen und Kinder zu beschützen, und im Gegenzug hatten wir eine grosse Familie am Hals, die uns manchmal mehr liebte, als wir es ertragen konnten. So hatten wir mit Nichten nur eine Hauptaufgabe, z. B. das Jagen und Bärentöten, das wir sogar ganz gern machten, um einfach mal raus zu kommen und natürlich unsere Familie zu ernähren. Hinzu kam da ja noch, die Familie vor feindlichen Angriffen und vor Wind und Wetter zu beschützen. Das war echt mehr als nur ein Fulltime-Job.

So holten wir damals alles heraus aus unserer durchaus beachtlichen Intelligenz. Wir suchten und fanden z. B. ziemlich unzugängliche Höhlen, die wir im Eingangsbereich mit mindestens armdicken angespitzten Ästen und einem permanenten Feuer bewehrten. Und jede Einzelne der vielen Frauen, die wir hatten, entwickelte natürlich ihre eigenen Ideen darüber, wie das Ganze nach aussen wirken soll, und wie dann auch die gemütliche Inneneinrichtung auszusehen hat. Meine Hauptfrau erfand dann dummerweise auch noch das Wort "Bequemlichkeit". Das war aber noch längst nicht alles. Künstlerisch betätigen wollten sie sich, das, was sie draussen in der Natur aufgeregt hat, wollten sie unbedingt in Bildern mental verarbeiten. So mussten wir Männer uns auch noch etwas einfallen lassen, wie unsere holden Damen und die ganze Kinderschar ihre Tiere nachhaltig an die Wand malen können.

 

Traumatische Nachwirkungen beschäftigen uns noch heute

Das überlebenswichtige Verhalten des Mannes, seine Familie zu beschützen und für sie zu sorgen, ist mit den Jahrtausenden sozusagen in Fleisch und Blut übergegangen. Heute leben wir in einer bequemen westlichen Gesellschaft, die aber durchaus auf anderen Ebenen nicht so ganz ohne Probleme ist, und wir könnten uns endlich zurücklehnen, und wenn wir etwas brauchen, dann kaufen wir es einfach von dem vielen Geld, das uns die Börse gerade wieder geschenkt hat, weil die abgeschafften Zinsen hoffentlich nie wieder eingeführt werden. Aber genau das tun wir nicht. Unsere Hände, unser ganzer Körper und unser Geist werden nervös, wenn wir nicht ein Stück Holz, einen Hammer, einen Schraubenzieher oder auch eine Flex greifen können, um aus dem rohen Werkstück etwas Brauchbares oder auch etwas Schönes zu erschaffen.

 

Die Wirtschaft schläft nicht

Das Geschilderte ist nicht neu, und die Wirtschaft zieht ja auch ihre Vorteile aus den ureigenen Bedürfnissen der Männer. Die gesamte Sparte der Werkzeugherstellung und der Baumärkte ist ein riesiger Milliardenmarkt, der stetig weiter wächst. Befördert wird das Ganze gerade dadurch, dass sich unsere Arbeitswelt so sehr gewandelt hat. Der Mann mit dem Schraubenzieher wurde fast vollständig ersetzt durch den Mann mit der Tastatur. Das hat Folgen. Unser tief sitzendes Bedürfnis, etwas zu erschaffen, das man sehen und anfassen kann, können wir kaum in den gesetzten Bits und Bytes tief in den miniaturisierten Katakomben eines Computers wiederfinden. Daher neigt gerade auch der IT-Experte dazu, zu Hause den Dachausbau oder den Wechsel des Wasserhahns selbst vorzunehmen.

 

An die lieben Frauen

Bitte lasst ihn machen, wenn er das will. Ja, richtig, er wird wieder alles falsch machen, das Rohrgewinde wird der Wüterich abbrechen, und dann flutet das Wasser unter Hochdruck zum zweiten Mal das Wohnzimmer, also die neue Einrichtung. Egal, er wird am Ende alles in Ordnung bringen, aber er braucht das, es ist seine Ur- und Frühgeschichte.

Bildquelle: Tim Reckmann / pixelio.de

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