Bessere Maximalkraft, schnellerer Muskelaufbau und langsamere Ermüdung? – Ein Faktencheck zum Thema Kreatin
Betrachtet man den Markt der Nahrungsergänzungsmittel, so gibt es wohl kaum ein Supplement, dem ein derart guter Ruf vorauseilt wie Kreatin. Insbesondere in Form von Kreatin-Monohydrat handelt es sich bei dem Nahrungsergänzungsmittel um einen echten Dauerbrenner, der seit mehreren Jahrzehnten aus dem Nahrungsergänzungsmittel-Markt nicht mehr wegzudenken ist. Dem scheinbaren Wundermittel Kreatin werden viele Effekte und Wirkungen nachgesagt, angefangen bei schnellerem Muskelaufbau, über gesteigerte Kraftwerte bis zu einem schnellen Fettabbau. Doch was davon stimmt? Was kann das sogar relative günstige Nahrungsergänzungsmittel Kreatin wirklich? Diese und weitere Fragen wollen wir im Rahmen dieses Artikels für euch beantworten.
Was ist Kreatin?
Bei Kreatin handelt es sich um eine Substanz, die von unserem Körper in der Leber und Niere selbst produziert wird, allen voran aus Aminosäuren. Wichtig ist Kreatin unter anderem für den Energiestoffwechsel, speziell bei der Bereitstellung von sogenanntem ATP. Das Kürzel „ATP“ steht für Adenosintriphosphat, welches eine wichtige Rolle bei der Energiebereitstellung für unsere Muskeln spielt, jedoch fast ausschliesslich nur im Rahmen von anaeroben Kraftanstrengungen. Anaerob (ohne Sauerstoff) bedeutet, dass für eine Kraftanstrengung primär Muskelkraft nötig ist und weniger Sauerstoff, wie in etwa bei aeroben Aktivitäten (z.B. Joggen). Bevor wir uns an dieser Stelle noch weiter in dem Wirkungsmechanismus von ATP, unserem Energiestoffwechsel und der gesamten Biochemie unseres Körpers vertiefen, machen wir es einfach und fassen zusammen: Eine erhöhte Bereitstellung und Regenerierung von ATP sorgt dafür, dass wir bei anaeroben, plötzlichen Kraftanstrengungen, kurze Zeit mehr Energie zur Verfügung haben.
Das kann Kreatin wirklich
Wenn unser Körper mit einer plötzlichen und hohen Kraftanstrengung konfrontiert wird, profitiert dieser also von einem erhöhten ATP-Speicher. Je mehr ATP zur Verfügung steht, desto mehr Energie können allen voran unsere Muskeln abrufen. In der Praxis bedeutet das, dass wir bei schweren Fitnessübungen während den ersten Wiederholungen mehr Power haben. Diese ersten „einfacheren“ Wiederholungen machen sich auch im Verlaufe des gesamten Satzes bezahlt, da die Gesamtanzahl der Wiederholungen pro Satz dadurch in der Regel steigt. Das sorgt im Optimalfall dafür, dass wir einen stärkeren Trainingsreiz setzen können, was wiederum bei einer auf das Training abgestimmten Ernährungsform auch zu mehr Muskelwachstum und grösseren Kraftzuwächsen führen kann. Allerdings eben nur indirekt. Einen direkten, „automatischen“ Einfluss auf unsere Kraft oder Muskelmasse hat Kreatin per se erst einmal nicht. Wenn also die Rede davon ist, dass Kreatin beim Muskelaufbau hilft, ist das zwar keine Falschaussage, jedoch verstehen die meisten unerfahrenen Sportler darunter häufig etwas anderes. Ein Wundermittel ist Kreatin damit erst einmal nicht.
Verglichen mit vielen anderen Supplementen hat Kreatin seine Daseinsberechtigung
Wenngleich Kreatin auch kein Allheilsbringer ist, der einem Athleten binnen kürzester Zeit 5 kg mehr Muskelmasse an den Körper zaubert, wirkt Kreatin und das sogar nachweisbar. Der Effekt, den eine zusätzliche Einnahme von Kreatin auf unsere ATP-Level hat, wurde in mehreren Studien bewiesen. Wie stark der Effekt allerdings ist, hängt dabei von unterschiedlichen Faktoren ab. Wie wir bereits zu Beginn dieses Artikels erwähnt haben, produziert unser Körper bereits selbst Kreatin. Zudem findet sich Kreatin auch in bestimmten Lebensmitteln wieder, insbesondere in Rindfleisch, Lachs, Hering, Hühnerfleisch und in geringeren Mengen auch in Milch.
Nimmt ein Mensch viel der genannten Lebensmittel zu sich, versorgt er seinen Körper eben auch mit einer erhöhten externen Menge an Kreatin. Dadurch kann sich der Effekt, den eine Supplementierung mittels Kreatins anschliessend hat, abschwächen. Zwar wirkt das Kreatin weiterhin, allerdings spüren wir während des Trainings weniger von dem Effekt, da wir aufgrund unserer Ernährung von Grund auf erhöhte ATP-Level haben. Jedoch muss an dieser Stelle festgehalten werden, dass signifikante Mengen an Kreatin durch natürliche Lebensmittel kaum zuzuführen sind. Zum Vergleich: Die durchschnittliche Einnahmeempfehlung für Kreatin im Rahmen von sportlichen Zwecken liegt zwischen 3 und 5 g pro Tag. 100 g Rindfleisch verfügen über etwa über 450 mg Kreatin pro 100 g Muskelfleisch. Um auf dieselben Mengen zu kommen, die während einer durchschnittlichen Kreatin-Supplementierung unserem Körper zugeführt werden, müsste man jeden Tag in etwa 1 Kilogramm Rindfleisch essen. Einen derart hohen, täglichen Fleischkonsum, haben selbst sehr ehrgeizige Kraftsportler nur sehr selten. Zu empfehlen ist ein derart hoher Fleischkonsum ebenfalls meist nicht.
Wer von Kreatin in sportlicher Hinsicht profitieren will, der ist daher tatsächlich am besten damit beraten, einfach zu einem Nahrungsergänzungsmittel zu greifen. Der Griff zu diversen Kreatin-Exoten, wie in etwa zu „Kre-Alkalyn“ lohnt sich in der Regel nicht. Dabei handelt es sich um leicht abgeänderte Kreatin-Verbindungen, die so besser und schneller von unserem Körper aufgenommen werden sollen. Nachweise gibt es dafür allerdings nicht. Nicht ohne Grund wurden auch die meisten Studien mit Kreatin-Monohydrat durchgeführt, mit nahezu gleichbleibenden Ergebnissen: Kreatin wirkt! Wenn jedoch auch nicht immer so, wie es von manch einem Fitnessmagazin oder Fitness-Influencer beworben wird. Einen Einfluss auf die Fettverbrennung hat Kreatin übrigens nicht. Wenn, dann erneut wieder nur indirekt, zum Beispiel durch ein intensiveres Training, was bekanntlich auch mehr Kalorien verbrennt.
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